Aus der Kramkiste
Kramen in Fächern, war das der Titel eines Gedichtes, oder ein Roman. Ich weiss es nicht mehr. Immer wenn ich am aufräumen bin, kommen mir diese Zeilen in den Sinn und ich krame mich fest und finde und finde und finde Dinge, die ich nicht gesucht habe, oder doch. Bilder aus dem Urlaub vor 5 Jahren, den lang vermissten wunderbaren Graphitstift, mit dem ich unbedingt nochmal was zeichen wollte, den letzten Nuckel von meinem Enkel und endlich den Impfausweis vom Kater.
Und heute habe ich in meinem noch sehr jungen Blog gekramt und eine Geschichte gefunden, die ich selbst immer wieder gern ansehe. Ihr wisst ja, man erinnert sich..... Passend zur beginnenden Kirschenzeit, habe ich sie nochmals aus der Schublade geholt, diese
"alte" Geschichte von Pe
Vielen Dank an meinen Sohn für die schönen Kirschfotos.
"Petra, holst du mir bitte noch mal in der HO eine Flasche Milch?" - ruft meine Mutter herunter in den Hof. Wir spielen. Vier Mädels aus der Nachbarschaft und ich, mit Puppenwagen, Kreisel und Ball. Ich hab natürlich keine Lust, beuge mich aber der aus dem Fenster schallenden Übermacht. Unten an der rechten Ecke die HO - Lebensmittel aller Art.
Gegenüber der Gemüseladen und an der anderen Ecke der Bäcker. Fleisch gibt's an der oberen Ecke unserer Straße. Es ist das Jahr 1956 - ich bin fast sechs Jahre alt und wenn ich heute an diese Vielfalt an Geschäften um uns herum denke, muss ich schon lächeln. Aber man kannte sich untereinander und hat fast alles bekommen, trotz schwieriger Versorgungslage.
Und der Zeit gemäß haben wir das Beste draus gemacht. Einfache Gerichte. Isst heute noch jemand Kartoffelbrei mit gebratenen Zwiebeln, oder Makkaroni mit warmem Pflaumenkompott als Soße?
Aber zurück zu Petra: Geld und Netz fliegen aus dem Fenster und maulend geht es ab in die HO. Schnell, schnell - damit ich nichts im Hof verpasse. Renate hat eine Babypuppe, bei der man den Kopf drehen kann, so das die ein lachendes und ein weinendes Gesicht hat. Da bin ich schon ein bisschen neidisch, obwohl ich nun endlich meine "Neger"-Puppe habe. Die gab es zum letzten Geburtstag. Schnell die Milch zu Mutti gebracht und weiter gespielt. "Aber in einer Stunde essen wir Mittag", ruft sie mir nach. Als ich wieder im Hof bin, sind die Mädels weg - schade.
Gegenüber der Gemüseladen und an der anderen Ecke der Bäcker. Fleisch gibt's an der oberen Ecke unserer Straße. Es ist das Jahr 1956 - ich bin fast sechs Jahre alt und wenn ich heute an diese Vielfalt an Geschäften um uns herum denke, muss ich schon lächeln. Aber man kannte sich untereinander und hat fast alles bekommen, trotz schwieriger Versorgungslage.
Und der Zeit gemäß haben wir das Beste draus gemacht. Einfache Gerichte. Isst heute noch jemand Kartoffelbrei mit gebratenen Zwiebeln, oder Makkaroni mit warmem Pflaumenkompott als Soße?
Aber zurück zu Petra: Geld und Netz fliegen aus dem Fenster und maulend geht es ab in die HO. Schnell, schnell - damit ich nichts im Hof verpasse. Renate hat eine Babypuppe, bei der man den Kopf drehen kann, so das die ein lachendes und ein weinendes Gesicht hat. Da bin ich schon ein bisschen neidisch, obwohl ich nun endlich meine "Neger"-Puppe habe. Die gab es zum letzten Geburtstag. Schnell die Milch zu Mutti gebracht und weiter gespielt. "Aber in einer Stunde essen wir Mittag", ruft sie mir nach. Als ich wieder im Hof bin, sind die Mädels weg - schade.
Foto Reproduktion P. Michaelis
Aber da wird wohl jetzt auch gegessen und so gehe ich nach oben und schau der Mutti beim Kochen zu. "Was gibt's heut eigentlich?" Essen hat mich schon immer interessiert. Zu der Zeit war ich noch ein spindeldürres Kind, was sich im Laufe der Jahre durch die hier erwähnte Tatsache aber geändert hat. "Wir machen heute Kirschpfanne." Hurra, Leckermaul Petra ist begeistert. Ich langweile mich ein bisschen und da hat meine Mutti die Idee, ich könnte ihr doch helfen.
Na, warum nicht. "Als erstes kannst du noch beim Nachbarn Kirschen und frische Eier holen." Da bin ich dabei. Der Nachbar ist Herr Klein, der Schuhmacher. Er verkauft nebenbei die Früchte seiner Gartenarbeit und Eier vom Land. Zu ihm gehen wir Kinder gern und ich besonders. Dieser wunderbare Geruch nach Leder und Klebstoff! Bei schlechtem Wetter treffen wir uns auch dort zum Spielen und Herr Klein duldet uns kleine Nervensägen. Wer weiß, welchen Beruf ich jetzt ausübe, kann in dieser damaligen Anziehungskraft vielleicht die Ursprünge meiner Liebe zu diesen Materialien erkennen.
Etwa 20 Jahre später sollte mein Sohn ebenso gern zu Herrn Klein gehen und eines Tages, im Alter von 4 Jahren, bei ihm "einen Kilometer Kirschen bitte" kaufen wollen. Und mein Sohn arbeitet jetzt auch mit mir - seit 15 Jahren.
Zurück ins Jahr 1956 und in unsere Küche.
Alle Zutaten stehen bereit:1 Liter Milch
Brötchen vom Vortag
3 Eier
250 gr Quark
300 gr Zucker
250 gr Gries
500 gr Kirschen
1 Vanillezucker
1 Prise Zimt
etwas Mandelaroma
etwas "gute" Butter
Meine Mutti setzt Milch auf den Herd und kocht mit dem Gries einen leichten Griesbrei. Dann kommt der Topf vom Herd und als es etwas abgekühlt ist werden die Eier, der Quark, Vanillezucker und die Gewürze untergerührt. Ich darf die gewaschenen Kirschen von den Stielen befreien und kräftig dabei naschen. Die Kerne bleiben drin. Später, beim Essen, werde ich dann mit meinem Bruder in Wettstreit treten, wer die meisten Kerne hat und, wenn keiner hinschaut, wer am weitesten spucken kann. Meine Mutti schneidet die Brötchen in grobe Würfel und von jedem Brötchen in der Mitte ein paar "schöne", etwa ein Zentimeter dicke Scheiben.
Die Würfel werden unter die Masse gerührt und auch die Kirschen. Ich darf kosten und finde es nicht süß genug. Mutti ist auch meiner Meinung und so wandert noch etwas Zucker in den Topf. Jetzt kommt die ganze Masse in eine große Auflaufform. Zum Essen werden wir fünf Personen sein - die Oma kommt auch. Die Masse in der Form wird komplett mit den Brötchen-Scheiben abgedeckt, die meine Mutti mit kleinen Butterflöckchen belegt.
Der Ofen ist auf 180 Grad vorgeheizt und der Auflauf bleibt etwa eine Stunde drin. Die Brötchendeckel sind goldbraun und buttrig und mein Papa sagt immer, Kirschpfanne müsse von ihm aus nur aus den Brötchen obenauf bestehen. Lauwarm haben wir den Auflauf gegessen und er hat total gut geschmeckt. Meine Mutti ist eben die beste Köchin der Welt. Ich würde ja gern noch beim Abwasch helfen, "aber jetzt Mutti, muss ich dringend wieder in den Hof, die Mädels rufen schon... Ja?"
Kirschpfanne gibt es bei uns immer noch - mindestens einmal im Jahr zur Kirschenzeit. Und jetzt schaut meine 90-jährige Mutti mir dabei interessiert über die Schulter
Kommentare
@ annemarie - die tollen kirschen jetzt laden dazu sein. du kannst süß-und sauerkirschen verwenden. eine sehr schöne alternative sind rote johannisbeeren :)
Vielen Dank für das Erinnerungs-Rezept!!!