Jeden Tag ein Buch: Die letzte Delikatesse - Muriel Barbery
Zweiter Tag der Themenwoche #Jeden Tag ein Buch. Rezensionen im Sinne von Kritik findet ihr bei mir so nicht. Für mich gilt mehr die Überschrift "Buch Empfehlung" und da habe ich heute einen kleinen, feinen Leckerbissen für euch, von der Autorin des Erfolgsromanes "Die Eleganz des Igels".
ISBN 978-3-423-13759-1
Mit freundlicher Genehmigung des Deutscher Taschenbuch Verlag
Er liegt auf den feuchten Laken seines Sterbebettes. Der Kritiker der großen Köche und Restaurants. Das Zimmer verdunkelt und um ihn herum alle dienstbeflissen, ihm einen letzten Wunsch zu erfüllen. Er stirbt, der von allen gefürchtete, verachtete, ungeliebte, gehasste. Am Morgen hat es ihm der Arzt verkündet, dies wird sein letzter Tag sein.
Das Leben zieht vorbei in solchen Momenten. An was wird man wohl denken?
In der Geschichte von Muriel Barbery kommen Weggefährten, Frau und Kinder des Sterbenden zu Wort und man bekommt ein Bild eines nach außen schillernden Diktators, eines im Inneren ärmlichen Menschen, von fast allen verlassen. Hart hat er gearbeitet und hart ist er geworden. Er hat es von der Pike auf gelernt, dieses Spiel mit der Macht Könige zu krönen und wieder zu Bettlern machen zu können, wenn man nur wollte.
Er denkt an seine Großeltern, seine Eltern und seine Zeit als Kind. An seine Frauen und seine Zeit als Mann. An sein Leben am gedeckten Tisch. Und alles was an seinem geistigen Auge vorbeizieht dient nur einem Ziel. Er sucht ihn, den Geschmack von etwas, was er noch einmal vor dem Ende genießen muss, bevor er diese Welt so plötzlich verlässt.
Muriel Barbery lässt uns mit wunderbaren Worten an den Genüssen seines Lebens teilhaben und beschreibt phantasie- und wortreich die wunderbarsten Speisen, so dass man fast auf der Zunge fühlt, was da auf den Tisch kam. Mich beschleicht so ein bisschen ein ungutes Gefühl, ein ganzes Leben auf den Genuss von Speisen zu reduzieren und das Essen in seiner exclusivsten Form über alle menschlichen Regungen zu stellen.
Mühsam tastet er sich in Gedanken von einer Begebenheit zur anderen um ihn zu fassen, diesen Geschmack, der sein Leben als Gourmet eingeleitet und nun auch beenden soll. Man denkt beim Lesen voraus und spekuliert, hat Ideen was es wohl sein kann und merkt allzu schnell, dass man auf der falschen Fährte ist.
Und dann kommt er, der Gedanke den er greifen kann. Schon ein bisschen im Delirium ruft er nach dienstbaren Geistern und spricht seinen Wunsch aus, den man ihm als letzten erfüllen soll.
Ich werde es euch nicht verraten, aber seid auf eine Überraschung gefasst.
Essen ist was Schönes. Es kann, so wie das genussvolle Zubereiten von Speisen, Körper und Seele ins Gleichgewicht bringen. Es kann schnell oder langsam, gierig und hungrig oder ruhig und genussvoll geschehen. Man kann ihm Stunden widmen oder manchmal auch Tage in der Vorbereitung, aber es darf eines nie sein: Der Hauptinhalt des Lebens, der Selbstzweck auf den sich alles reduziert. So für mich ein kritisches Fazit der Geschichte.
Und für uns alle, die wir als Voyeure im WorldWideWeb unterwegs sind, auf der Suche nach neuen Köstlichkeiten :
"..... Kosten ist ein Akt der Lust, über diese Lust zu schreiben eine künstlerische Ausdrucksform, aber das einzig wahre Kunstwerk ist letztlich das Festmahl des anderen. Paul Destrére`s Mahlzeit verkörperte dieses in seiner Vollendung, weil sie nicht meine Mahlzeit war, weil sie nicht ins Vorher oder Nachher meines Alltags hineinreichte, und weil sie als geschlossene und eigenständige Einheit in meinem Gedächtnis haftenbleiben konnte......."
In dem Sinne empfehle ich euch ein kleines Büchlein, für einen Nachmittag auf der Couch oder eine lange Zugfahrt, dessen Inhalt wunderbar erzählt ist.
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